Ihr seid traurig, weil „Game of Thrones“ vorbei ist? Behold, Serienjunkies wie ich selbst: Am 14. Juli läuft die zweite Staffel von „Mr. Robot“ auf Amazon Prime an. Und neben einem großartigen Plot aus der Gegenwart, wartet die Serie mit einem gleichermaßen großartigen Soundtrack auf.
Kurz zur Geschichte von „Mr. Robot“, einer weiteren großen Serie samt phänomenalem Soundtrack: Elliot Anderson arbeitet eigentlich bei einer Software-Firma. Eigentlich. Denn nachts hackt er sich mit Kollegen der fsociety in die Server der E(vil) Corporation und löst damit eine Lawine an Schicksalsschlägen aus. Jedenfalls taucht Christian Slater als der namenlose Mentor aka „Mr. Robot“ regelmäßig auf und einige andere Hacker, ein (oder zwei) Love-Interests und diverse Mitarbeiter der Evil Corporation, vor allem ein absolut Irrer mit einer noch irreren schwangeren Frau. Ohne zu spoilern kann man behaupten, dass „Mr. Robot“ unsere technikaffine Gegenwart genau da packt, wo es weh tut: am Zentralserver, der alles am Laufen hält.
Schon klar, Serien über IT-Nerds sind bis „Mr. Robot“ auch nicht auf meinem ausgeklügelten Serien-Stundenplan gestanden. Rami Malek spielt allerdings immer hart zwischen morphinabhängigem Psycho und Hacker mit hohem Moralanspruch, dass man von dieser Serie, die absolut zurecht Golden Globes abgeräumt hat, nicht genug bekommen kann. Es gibt völlig absurde Szenen (Der Hund! Der menschenleere Times Square!), wunderschöne Settings (Die Arcade in Coney Island!) und neben einem Wiedersehen mit dem Präsidenten aus „House of Cards“ einen unfassbar coolen Soundtrack, der mit der unterkühlten Kameraführung und Regie ein großes, tolles, süchtigmachendes Ganzes ergibt. Noch dazu Rami Malek mit seinen Riesenaugen, fast immer in der schwarzen Hoodie-Jacke und fähig, innerhalb einer Sekunde von normal auf „capital-K-crazy“ zu switchen. Großes TV-Entertainment mit Sozialkritik für Mädels und Jungs. Also, anschauen!
Zurück zum Soundtrack. Es ist eine Mischung, wie sie bunter nicht sein könnte: Neil Diamond, amerikanischer Songwriter-Klassiker, setzt mit seinem „If You Go Away“ in moll den Ton für die ganze Show. Und wenn ich spoilern würde, würde hier jetzt genau ein Satz extra stehen. Aber lassen wir das. Sonst ist der OST zu „Mr. Robot“ ein recht gut gelungener Mischmasch aus Klassik und Elektronica, Hip-Hop und Synthie-Rock. Mozart, Beethoven und „Der Freischütz“ kommen vor. Die Verbindung von Technikerrungenschaft und klassischer Musik wurde in meinem Kopf zum ersten Mal geformt, als der Jeremy Irons als Bruder vom im ersten Teil verstorbenen Gruber Hans in der „Die Hard“-Trilogie den Safe der Weltbank öffnet und Beethovens „Ode an die Freude“ ertönt. Offensichtlich bleibt das: Hacker und klassische Musik. Weil es so etwas Erhabenes und Feierliches hat? Mag sein. Aber nur darauf stützt sich „Mr. Robot“ nicht.
Die Elektronica-Nummern von MSTKRFT, Foretaste und Ctznshp passen halt wie die Faust aufs Auge zu einer Hacker-Serie. Die Mucke kommt aus dem Computer und Elliot hackt genau den. „Fist Of God“ von MSTKRFT ist ein stressiger Track, der eigentlich den Protagonisten perfekt widerspiegelt. Morris DJ ist ähnlich. Ich warte immer noch auf alte C2C-Tracks als musikalische Untermalung von „Mr. Robot“. FKA Twigs findet mit ihrem Avantgarde-Sound auch Platz auf dem Soundtrack, ebenso wie M83, die auch gleich die dritte Strömung des Soundtracks vorgeben: bissl bis sehr viel rockiger, aber eher aus der 80s-New Wave-Richtung.
Sonic Youth, Noise-Rock-Ikonen aus der Stadt von „Mr. Robot“, New York, dürfen hier ebensowenig fehlen wie Animotion, deren Sound heutzutage überraschend frisch klingt. Als hätte ihn eine Hipster-Band eben erst aufgenommen… Aber Animation sind eine New Wave-Synthie-Band aus den frühen Achtzigern, deren Song „Obesession“ wie die Mucke zu einem Computerspiel im PacMan-Style klingt. „World Destruction“ von Time Zone und John Lydon hätte auch einfach nur für „Mr. Robot“ geschrieben werden können: Text, Beats, Sprechgesang und Synthie-Sounds, da passt alles zusammen.
Es gibt aber auch noch die Hip Hop-Fraktion in „Mr. Robot“, und genau darin besteht auch die Kunst des Soundtracks wie der Serie: Es ist alles für alle, es gibt keine gesellschaftlichen, musikalischen oder anderen Grenzen. Wenn Mos Defs „Quiet Dog“ läuft, sieht man junge Skater am Boardwalk in Coney Island und einen Elliot Anderson, der unter seiner Kapuze zu einem Treffen mit „Mr. Robot“ läuft. The Midi Mafia, ScHoolboy Q und Ol‘ Dirty Bastard mit Kelis sorgen für die Party-Stimmung, in der sich die Hacker-Community fsociety plötzlich wiederfindet.
Völlig aus der Reihe hingegen schlagen „Sound & Color“ von den Alabama Shakes und Maxence Cyrins Piano-Only-Cover von „Where is my Mind?“ von den Pixies. Beide Songs hinterlassen schon beim ersten Mal Schauen einen bleibenden Eindruck – nicht zuletzt deshalb, weil man mit Elliots Gefühlschaos mitfühlt. Ja, auch als Mann, habe ich mir sagen lassen.
Am 14. Juli startet die zweite Staffel von „Mr. Robot“ bei Amazon Prime, dann kommt jede Woche eine neue Folge. Wer die Serie um den leicht psychotischen Hacker Elliot Anderson noch nicht gesehen hat, sollte das nachholen – im Binge-Watching-Style. Denn „Mr. Robot“ hat alles von Gesellschafts- und Konsumkritik bis hin zu Verschwörungstheorien und all dem Wahnsinn drumherum. Großer Cast, große Serie, großer genre-übergreifender Soundtrack.
Fotos: PR
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